Das deutsche Familienunternehmen hotset zählt zu den führenden Komponenten-Zulieferern und Entwicklungsdienstleistern im Bereich der industriellen Beheizungstechnik. Sein aktuelles Portfolio erstreckt sich von der Heizelemente- und Sensoren-Fertigung über die Realisierung komplexer Systemprodukte bis hin zur Umsetzung kundenspezifischer Projektlösungen. Lesen Sie im Interview mit Firmenchef Ralf Schwarzkopf, wo sich das Unternehmen im 50. Jahr seines Bestehens einordnet und welche langfristigen Ziele es anstrebt.
Ralf Schwarzkopf: „Basierend auf unserem bisherigen Wachstumskurs wollen wir hotset als Marke für erstklassige Lösungen der Temperiertechnik etablieren.
Exakte Temperaturwerte im richtigen Moment zielgenau bereitzustellen – unter dieser Prämisse realisiert hotset seit nunmehr 50 Jahren Heizelemente, Thermosensoren und Systemlösungen für die Temperiertechnik. Welche frühen Entwicklungen der Firmenhistorie prägen Ihrer Ansicht nach bis heute Ihr Handeln?
Schwarzkopf: Als mein Vater Eugen Schwarzkopf 1973 unsere ersten Hochleistungsheizpatronen für den Einsatz in Druckguss und Kunststofftechnik einführte, vollzog sich im Investitionsgütersektor gerade der Wandel vom Anfrage- zum Angebotsmarkt. Das hieß, man musste als Zulieferer nun aktiv auf den Kunden zugehen und sich in seine Anwendungen einarbeiten. So galt es, eigenes Technologie- und Engineering-Knowhow aufzubauen, sich branchenübergreifende Problemlöser-Qualitäten anzueignen und immer wieder neue Fachgebiete zu erkunden. Sich hierbei stets die Flexibilität zu erhalten, die eigenen Kernprozesse umzustrukturieren und das eigene Mindset zu ändern – das sind zweifellos bis heute ganz zentrale Faktoren für den erfolgreichen Werdegang von hotset.
An welchen Stellen des Portfolios zeigt sich das im Hier und Jetzt?
Schwarzkopf: Wir decken heute die komplette Range von der Komponentenfertigung über die Systementwicklung bis hin zu individuellen Kundenprojekten ab. Wir sind daher sowohl Zulieferer als auch Engineering- und Wertschöpfungspartner für Kunden ganz verschiedener Branchen – von der Kunststofftechnik über das Gießereiwesen bis hin zu Fluid‑, Verfahrens- und Elektrotechnik. Was in den frühen hotset-Jahren mit der Ausweitung des Zubehörangebots, dem Ausbau der Installationstechnik und dem Aufbau von Konstruktions-Kompetenzen begann, findet seine Fortsetzung heute in einem stetig wachsenden Knowhow-Fundus zu Mess- und Regeltechnik, Prozessoptimierung, Energiemanagement, Digitalisierung und Automation.
Wie schaffen Sie es, diese Bandbreite an Leistungen organisatorisch umzusetzen?
Schwarzkopf: Ich fasse das gerne in die Begriffe Lernen, Strukturieren und Internationalisieren zusammen. Mit Ersterem meine ich insbesondere die ständige Aneignung und Anwendung neuen Wissens in den Bereichen Technologie, Engineering, Qualifikation und Management. Lernprozesse bilden wichtige Etappen in der Geschichte von hotset. Sie waren und sind die Basis für strukturelle Modernisierungen und wegweisende Erkenntnisgewinne auf allen Ebenen des Unternehmens.
Lässt sich das anhand einiger praktischer Beispiele konkretisieren?
Schwarzkopf: Gerade in jüngster Vergangenheit haben wir eine Vielzahl struktureller Neuerungen erfolgreich umgesetzt. Ich denke dabei etwa an zusätzliche Engineering- und Prozesskompetenzen für die Entwicklung innovativer Produkte und Systeme, an verfeinerte Lean-Management-Prozesse in Produktion und Administration, an die Steigerung unserer Verfügbarkeit, an verkürzte Durchlaufzeiten im Auftragswesen, an die Automatisierung unserer Fertigung und an die Einführung neuer Serviceleistungen. Auch die Gründung des SIT, unseres neuen Systemcenters für industrielle Temperiertechnik, fällt für mich unter die Überschrift Lernen und Strukturieren.
Kundenorientiert: Im Systemcenter für Industrielle Temperiertechnik (SIT) von hotset können sich Spritzgießer und Werkzeugbauer unter anderem über die Leistungsfähigkeit des DH-Systems zur partiell-zyklischen Kavitäten-Temperierung informieren.
Und wie steht es um die Internationalisierung des Unternehmens?
Schwarzkopf: hotset ist heute weltweit präsent – unter anderem über Auslandstöchter mit eigenen Montagewerken. Schon bald nach der Firmengründung hatte mein Vater erste Vertretungen in Spanien, Frankreich und Skandinavien etabliert. Anfang der 80er-Jahre wurde die Hotset Corporation in den USA gegründet und anschließend gingen Dependancen in Asien, Neuseeland, Österreich sowie in der Türkei, in Südamerika und Indien ins Rennen. Starke Dynamisierung erfuhr die Internationalisierung 2001 durch den Aufbau unseres Werkes auf Malta und 2010 mit dem Start der eigenständigen Hotset America Corporation. 2014 erfolgte die Gründung der HIPL India Pvt Ltd., die unsere Heizkabel fertigt. Das Malta-Werk ist zwischenzeitlich in größere Gebäude umgezogen und seit 2016 EU-Energieeffizienzpartner.
Sie haben bereits zum Jahreswechsel 2001 die Geschäftsführung von Ihrem Vater übernommen…
Schwarzkopf: …richtig, das war eine bewegte Zeit. Wir hatten allein in der Wendelrohrpatronen-Fertigung bereits über 100 Mitarbeiter und die Entwicklung des hotflex zum Beheizen von 3D-Formen und neuer Regelgeräte lief schon auf vollen Touren. Kurz darauf haben wir Malta ausgebaut und unser heutiges Stammwerk in der Hueckstraße in Lüdenscheid in Betrieb genommen.
Wie gestaltete sich denn der Generationswechsel an der Unternehmensspitze?
Schwarzkopf: Es gab zwar manchen Disput zwischen Vater und Sohn, aber im Gegensatz zu anderen Unternehmen verlief der Übergang von der ersten Gründer- zur zweiten Chefgeneration bei uns recht erfolgreich. Zumal die noch unter meinem Vater eingeführte Fließfertigung für die HHP- und LHT-Heizpatronen sowie ein modernes PPS-System eine hohe Produktivität und Verfügbarkeit sicherstellten. Außerdem konnten unsere Entwickler Jahr für Jahr weitere Innovationen realisieren – zum Beispiel neue hotspring-Varianten, neue hotcontrol-Regelgeräte oder auch neue hotcast-Angussdüsen für den Magnesium-Druckguss. All diese Lösungen gehören bis heute zu unserem Portfolio und haben in der Industrie vielerorts Standards gesetzt. Primäre Ziele waren für mich von Beginn an, die Innovationskraft des Unternehmens zu stärken, unser Qualitätsniveau weiter hochzufahren, die Engineering-Kompetenzen von hotset auszubauen und die Internationalisierung voranzutreiben.
Welche Wettbewerbsstärken würden Sie hotset aktuell zuschreiben?
Schwarzkopf: Als Hersteller von Komponenten für die industrielle Heiztechnik – hier sprechen wir etwa von Temperierkanälen, Heizelementen, Widerstandsthermometern und Thermoelementen – punkten wir mit einer großen Auswahl an Qualitätsprodukten für viele Einsatzgebiete. Als Entwickler flexibel auslegbarer Systemlösungen bieten wir mit den P‑System-Heizplatten, dem D‑System-Datenlogger und dem DH-System für die hochdynamische Temperierung von Spritzguss-Werkzeugen eine wachsende Palette innovativer und energiesparender Prozesslösungen. Und im Projektgeschäft übernehmen wir für unsere Kunden ganze Wertschöpfungsketten – etwa die Schaltschrankmontage. In technologischer Hinsicht haben wir uns stark positioniert und in der Entwicklungsarbeit können wir mit hoher Innovationskraft und kurzen Innovationszyklen überzeugen.
Dynamisch Temperieren im Spritzguss-Werkzeugbau: Im Vergleich zur variothermen Methode ist das DH-System von hotset effektiver und energiesparender. Es agiert mit einer schnellen Heizrate von bis zu 60 Kelvin pro Sekunde, wirkt gezielt nur auf eine minimale Masse und beansprucht in der Heizphase 50 mal weniger Energie.
Vielseitig: Mit seinem mobilen D‑System HT zum Monitoring von bis zu 180° C heißen Fluiden offeriert hotset ein flexibel nutzbares Messgerät zur In-Situ-Analyse des Energiehaushalts von Wasserzyklen.
Als Technologiepartner übernimmt hotset heute im Projektgeschäft für seine Kunden unter anderem die Verantwortung für komplette Wertschöpfungsketten – etwa die Schaltschrankmontage.
Wo sehen Sie hotset denn in fünf bis zehn Jahren?
Schwarzkopf: Da habe ich klare Vorstellungen. Basierend auf unserem bisherigen Wachstumskurs wollen wir hotset als Marke für erstklassige Lösungen der Temperiertechnik etablieren. Und zwar nicht nur für die industrielle Heiz- und Wärmetechnik, sondern auch für die Kühl- und Kältetechnik. Sowohl als Zulieferer als auch als Systementwickler und Projektpartner werden wir unsere Verfügbarkeiten, unsere Customizing-Kompetenzen und unser Qualitätsniveau weiter hochfahren. Hierbei treiben uns drei große Leitgedanken voran: Erstens, die Wertschöpfung des Kunden zu verbessern. Zweitens, zukunftssichernde Transformationsprozesse unserer Kunden zu begleiten – etwa den Umstieg von Gas- auf Elektrowärme oder das Erreichen von CO2-Neutralität. Und drittens, die Realisierung neuer Komponenten durch den konsequenten Einbezug unserer Auslandstöchter stärker zu internationalisieren, um so wichtige Innovationen noch schneller umsetzen zu können.
Herr Schwarzkopf, wir danken Ihnen für das Gespräch.